Wilhelm Hofelich (1882-1950)

Porträt Wilhelm Hofelich wird am 5. August 1882 während des elterlichen Sommeraufenthaltes in Bernried am Starnberger See geboren. Sein Vater Ludwig freut sich - wie Wilhelms Mutter in der Familienchronik schreibt - über Erwarten (!) über die Geburt des ersten Sohnes. Nichtsdestotrotz erzieht er ihn und den jüngeren Sohn Arnold mit äußerster Strenge. Sein oft unerwartet scharfer Ton wirkt einschüchternd auf die beiden Jungen. Dazu kommt die Vereinsamung und die Abgeschiedenheit während des Wohnens am Starnberger See zur Ferienzeit.

Wilhelm ist ein vielseitig begabtes Kind. Von der Mutter hat er die Musikalität, vom Vater das Zeichentalent geerbt. In München besucht er zunächst die Simultanschule und danach das Max- und Realgymnasium. Die Mutter sorgt für eine exzellente Ausbildung in der Musik und erteilt ihm Klavierunterricht. 1901 absolviert Wilhelm, der als äußerst gewissenhaft, fleißig und gründlich gilt, sein Abitur mit Bestnoten in allen Fächern.

In den folgenden Jahren studiert er an der Technischen Universität München Physik und Mathematik und schließt das Studium 1906 mit bestem Erfolg ab. Im Anschluss besucht er von 1906-1907 den pädagogisch-didaktischen Seminarkurs am Theresien-Gymnasium in München.

Von 1910-1913 ist er als Oberlehrer an der Oberrealschule und Höheren Mädchenschule der evangelischen Gemeinde in Bukarest tätig. Dort wirkt er zugleich an der Spitze der Ortsgruppe des Dürerbundes für die Verbreitung der deutschen Reproduktionskunst in Rumänien und tritt als Oberlehrer und Chordirigent für die Pflege der deutschen Musik in der Schule und in den deutschen Vereinen ein.

Bernried Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Sommer 1913 bildet er sein kompositorisches Talent für Musik und nebenher auch für die Malerei weiter aus. Seine malerische Begabung hatte sich während der intensiven Beschäftigung mit dem Nachlass des Vaters ziemlich weit entwickelt.

Reisen führen Wilhelm nach Paris und Nordfrankreich, nach Venedig, Rom und Neapel, dann nach Berlin und 1913 nach Konstantinopel, Griechenland und Sizilien. Namentlich sein Talent für die Wiedergabe von Natureindrücken und -stimmungen aus dem Gedächtnis bildet sich jetzt ohne eigentliche Absicht weiter aus.

Die musikalische Begabung versucht er durch Privatunterricht in Musiktheorie, sowie durch den einjährigen Besuch des Konservatoriums in München zu fördern. Dort studiert er bei Professor Friedrich Klose 1907/8 Kontrapunkt.

Da die Familienchronik aus dem Jahr 1914 stammt, gibt sie nur bis zu Wilhelms 32. Lebensjahr Auskunft. Von 1914 bis 1918 ist Wilhelm Hofelich als Studienrat in Schweinfurt tätig, von 1918 bis 1920 in Landsberg. Persönlichen Aufzeichnungen entnehme ich, dass Wilhelm während der 20er Jahre ein chronisches Leiden aus der Kriegszeit zunehmend zu schaffen macht, was letztendlich zu seiner vorzeitigen Pensionierung führt. Er widmet sich von da an privater Lehrtätigkeit und studiert an der Münchner Kunstakademie.

Den nächsten Anhaltspunkt gibt ein Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1924. In einem Artikel über eine Gemäldeausstellung im Münchner Glaspalast wird Wilhelm Hofelich viel Ehre zuteil. Sein Werk "Zugspitze" in silbrigem Nebellicht dominiert den Saal mit den großformatigen Landschaften.

Nach kurzer Ehe geschieden, heiratet Wilhelm 1928 Lucie Betz aus Stuttgart. Das Paar lebt in München, doch das Elternhaus der Frau in Stuttgart-Kaltental wird auch für Wilhelm zur 2. Heimat.

Am 1. November 1933 tritt Wilhelm Hofelich gemäß §4 der 1. Verordnung zur Durchführung des Reichskulturkammergesetzes als Mitglied der Reichskammer der Bildenden Künste bei.

1934 stellt er eine Reihe schöner Arbeiten im Münchner Kunstverein aus. Und die "Münchner Zeitung" äußert sich lobend über die sehr minutiös, aber nicht minder gefühlvollen alpinen Landschaften des "Erben einer verpflichtenden familiären Tradition der Landschaftsmalerei".

Anders als sein Vater Ludwig, der so gut wie nie Bilder ausstellte, geht Wilhelm mit seinen Werken an die Öffentlichkeit. Allerdings gestaltet sich der Verkauf wohl eher schwierig; denn als Wilhelm 1936 zur Erbringung seines Abstammungsnachweises die Heiratsurkunde seiner Eltern benötigt, bittet er das Stuttgarter Standesamt um gebührenfreie Übersendung, da er unvermögend sei.

Die "Münchner Neuesten Nachrichten" schreiben am 19. September 1939 über Wilhelm Hofelich, dass er die gute Münchner Maltradition der Lier-Schule übernommen habe. Besonders in seinen Frühwerken werde dies deutlich. Neuerdings hielte er sich an eine eher lockere Malweise, die vor allem seinen Winterbildern zugute käme. Große Beachtung finden seine alpinen Darstellungen, vor allem die Bilder "Benediktenwand" und "Hochvogel".

Gleichzeitig berichtet der "Völkische Beobachter" über die Ausstellung im Münchner Kunstverein, an der Wilhelm Hofelich mit einer Auswahl von 39 Landschaften aus den Wäldern um Stuttgart und den Tiroler Bergen beteiligt ist. Ganz besonders überzeugen seine stimmungsvollen Raureif- und Winterbilder. "Liebevoll geht er dem Gestrüpp der von blitzenden Raureifkristallen überzuckerten Büsche und Bäume nach, ohne dabei den farbigen Zusammenklang der Einzelheiten außer Acht zu lassen. Seine Landschaften sind immer groß gesehen und farbig sehr ruhig aus großen Flächen komponiert."

Zu Beginn des 2. Weltkrieges ist Wilhelm 57 Jahre alt und lebt mit seiner Frau im Münchner Stadtteil Schwabing am Pündterplatz 1, später in der Hohenzollernstraße 37. Seine dortige Wohnung und sein Atelier brennen nach einem Fliegerangriff am 12. Juli 1944 völlig aus. Wilhelm verliert seine gesamte Habe, darunter Bilder und Rahmen im Wert von ca. 25.000 Goldmark. Sein Bruder Arnold, der in Trostberg im nördlichen Chiemgau lebt, nimmt ihn und Lucie als Untermieter auf. Aber die Unterkunft beim Bruder scheint bald bedroht. Dies wird in einem Brief Wilhelms an das Wohnungsamt in Trostberg deutlich. Man will Arnold, der sich während der Nazi-Herrschaft nicht politisch betätigt und in keiner Weise bereichert habe - wie Wilhelm schreibt - , die Wohnung nehmen. Dadurch verlöre auch er während der kalten Wintermonate die Möglichkeit, an seinen Bildern zu arbeiten. Nirgendwo habe er, der Total-Fliegergeschädigte, bis jetzt Licht und Heizungsmöglichkeit erhalten können. Und der Schaden an Arbeitsverlust infolge mangelnder Wohnung sei bereits weit höher, als der Verlust an verbrannten Bildern.

Für Wilhelm Hofelich und seine Frau folgen unstete, entbehrungsreiche Jahre. Schließlich findet das Paar eine Bleibe in Übersee im Chiemgau, wo sich der Künstler wieder der Landschaftsmalerei widmen kann.

War sein Vater das halbe Leben zwischen München und Bernried hin- und hergereist, tut Wilhelm dies während seiner letzten Lebensjahre zwischen Übersee und Stuttgart. Dort stellt er in den Kunsthäusern Schaller, Hirlinger und Valentin mit gutem Erfolg seine Landschaften aus.

Anfang 1950 macht sich Wilhelms altes Kriegsleiden wieder stärker bemerkbar. Am 4. April stirbt er während eines Aufenthaltes in Stuttgart.

Ein halbes Jahrhundert später begegne ich Wilhelm und Ludwig Hofelich in ihrem Werk und beginne mit der Recherche.



02.06.2013

© 2004-2019 Gabriele Wittfeld